Die Biene als Bindeglied im Ökosystem Wald
Mit dem Einzug der modernen Forstwirtschaft wurde den Bienen ihr natürlicher Lebensraum genommen. Alte Bäume, deren morsche Stellen ihnen als Baumhöhlen ein Zuhause bieten konnten, wurden nicht mehr gewünscht. Dadurch ging ein wertvoller Teil des natürlichen Netzwerks im Wald verloren.
Eine Baumhöhle dient dem Bienenvolk über viele Jahre als Wohnraum. Wenn die äußeren Bedingungen stimmen und ein Volk gut versorgt ist, vermehrt es sich, bis es fast aus allen Nähten platzt. Deshalb zieht dann ein Teil als Schwarm aus, um ein neues Volk an einem anderen Standort zu gründen und den zurückgebliebenen Bienen wieder mehr Raum zu weiterem Wachstum zu geben. Dabei werden die Brutzellen immer wieder mit Nachwuchs belegt, der beim Schlüpfen jedes Mal das sogenannte Nymphenhäutchen zurücklässt. Dies lässt die Brutwaben immer kleiner werden, bis sie schließlich nicht mehr genutzt werden können und das Volk zusammenbricht. Die Baumhöhle bleibt mit alten Waben, die nicht selten auch mit unterschiedlichen Erregerstadien diverser Bienenkrankheiten belastet sind, zurück. Mit Inventar also, mit dem sich niemand abgeben möchte und das einem Neubezug durch einen anderen Bienenschwarm entscheidend im Wege steht.
Aber Wohnraum im Wald ist knapp, geeignete Baumhöhlen wertvoll.
Hier kommen die Wachsmotten ins Spiel und zu ihrer wahren Bedeutung im Netzwerk des Waldes. Der Geruch des Wachses zieht die Motten magisch an. Die Weibchen legen mehrere Hundert Eier auf den verlassenen Waben ab. Der außerordentliche Appetit der Raupen lässt die alten Waben komplett verschwinden und schafft Raum für den Neustart eines frischen Bienenvolkes. Die beim Imker gefürchteten Schädlinge sind im natürlichen Kreislauf des Waldes das Räumkommando.
Angezogen von den Wachsmottenlarven, die zu seiner bevorzugten Nahrung zählen, taucht der Ameisenbuntkäfer auf. Er ist aber ebenso sehr ein natürlicher Gegenspieler zum gefürchteten Borkenkäfer. Wenn er also durch ausreichend Nahrung seine Population stabil halten kann, lässt sich auch eine explosionsartige Vermehrung des Waldschädlings eher eindämmen oder sogar verhindern.
Die Zeidlerei versucht, diese natürlichen Kreisläufe und Miniatur-Ökosysteme zu unterstützen.
Der Bücherskorpion könnte dafür ein weiterer Ansatz sein. Er zählt zu den natürlichen Mitbewohnern in den Ritzen und Spalten des Bienenstocks. Selbst die besonders schädliche Varroamilbe kann er auf ein für das Bienenvolk erträgliches Maß klein halten. So trägt seine Anwesenheit dazu bei, das Bienenvolk gesund zu erhalten.
Wenn man die Ablagerungen am Boden einer Bienenhöhle, die 3 Jahre durchgängig besiedelt wurde, betrachtet, zeigt sich ein buntes Bild von allerlei Resten. Alles, was vom Bienenvolk herunterrieselt, Wachsreste, tote Bienen, Pollen und Propolis-Bröckchen, finden hier dankbare Nutzer. Die Organismen, die im Bodensatz leben, verwerten diesen „Regen“ von oben. Das so entstehende Miniatur-Ökosystem schafft eine biologische Balance, von der auch die Bienen profitieren. Es finden keine Fäulnis- und Verwesungsprozesse statt, die sonst Quelle für Krankheiten wären.
Über die Zusammensetzung der Bakterien- und Pilzgemeinschaften, vergesellschaftet mit Honigbienen in hohlen Bäumen, wissen wir hingegen noch so gut wie nichts. Wir ahnen, dass in den Baumhöhlen eine ideale Umgebung herrscht für Wachstum und Entwicklung bienenschädlicher Pilze und Bakterien, denen die Bienen mit einem erheblichen Hygieneaufwand begegnen. Dazu gehört der Einsatz des pilz- und bakterienabwehrenden Propolis, das Bienen auf Basis des harzartigen Sekretes von Pflanzenknospen herstellen, und das auch im human-medizinischen Bereich verwendet wird.