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Der Druidenstein

– vom sagenumrankten Naturdenkmal zum profanen Baumaterial

Der Erhalt eines Naturdenkmals ist heute wie früher keine leichte Sache – ihm stehen nicht nur materielle Interessen entgegen, sondern manchmal auch schlichtes Desinteresse. Der Druidenstein ist ein historisches Beispiel dafür, wie ein Ort von kulturgeschichtlicher oder auch nur lokaler volkstümlicher Bedeutung zum Opfer der Bürokratie wurde.

Historische Beschreibungen des Druidensteins

Wie der Druidenstein wohl einmal ausgesehen hat, lässt sich anhand von historischen Beschreibungen Gelehrter rekonstruieren, die lange vor 1892 – dem Jahr seiner Zerstörung – publiziert wurden.
Das älteste bekannte schriftliche Dokument, in dem der Druidenstein erwähnt wird, ist die „Statistische und topographische Beschreibung des Burggrafentums Nürnberg unterhalb des Gebürgs“ von Johann Bernhard Fischer (1756 – 1813), „Geheimer Canzlist“ in Ansbach, aus dem Jahr 1787. Im Abschnitt zu Stinzendorf heißt es dort:

„[...] ein kleiner Weiler, lediglich merkwürdig wegen des ohnfern davon, an der Höhe des Dillenbergs, bei der Waldspitze nach Deberndorf, befindlichen Druidensteins. Es ist dies ein sehr großer runder Stein, oben etwas flacher als ein chinesisches Dach, und neben herum mit einer Art von Schalllöchern in ziemlich gleicher Distanz versehen. Die gemeine Tradition ist voller Teufel und Hexen. Wahrscheinlich war dieser Stein in den ältesten Zeiten ein heidnischer Altar, worauf die Druiden oder Götzenpriester Feuer gemacht, und dadurch die entfernten Bewohner zur Devotion erinnert haben, zumalen man ihn weit umher sehen kann.“

Fast zeitgleich erschienen die „Briefe über die beiden fränkischen Fürstenthümer Bayreuth und Ansbach“ von Johann Gottfried Köppel, Regierungs-Kanzley-Inspektor zu Ansbach und Kupferstecher. Sie enthalten eine weitere Beschreibung des Druidensteins, einschließlich seiner genauen Vermessung und einer eigenhändigen Darstellung:

„Eine andere Merkwürdigkeit ist der eine Stunde von Cadolzburg an dem Abhang des Dillenbergs gelegene Druidenstein. Er besteht aus einem isolirten Felsen, der von außen mit einer Kruste von eingeschloßenen Salpeterteilchen überzogen und ganz weiß ist. Sein Umfang beträgt 88 Schuhe, die Höhe 14, die Oberfläche nach der Länge 17 und nach der Breite im Durchschnitt 15 Schuh.* Er soll die Tradition nach vor Zeiten den Druiden zu einem Opferaltar gedient haben, und die in demselben horizontal hineinlaufenden Löcher Schalllöcher gewesen seyn, welche die Druiden, mittelst lauten Hineinrufens, statt unserer heutigen Sprachröhre gebraucht – und dadurch ihre Orakelsprüche mitgetheilt haben. Die Benennung des unten vorbeifließenden Farrenbaches leitet man von den Farren** her, welche hier aufgestellt, und zum Opfern herbeigetrieben wurden. Mit einiger Behutsamkeit kann man mittels eines schneckenförmigen um denselben laufenden Weges auf seine Oberfläche gelangen. Noch wähnt das getäuschte und abergläubige Volk dieser Gegenden, Hexen (Druden) tanzen zu gewissen Zeiten um und auf demselben, so daß sich dasselbe ihm nicht zu nähern, geschweige (um nicht behext zu werden) hinauf zu steigen getraut. Sollte man in unseren aufgeklärten Zeiten nicht darauf denken, Leichtgläubige einmal zu belehren, wer die Druiden (woraus sie Druden und Hexen machen) eigentlich waren?“
* Ein (bayerischer) Schuh entspricht ungefähr einer Länge von 29 cm.
** Junger Stier.

Eine romantischere Beschreibung des Druidensteins, in der auch heilige Grenzsteine erwähnt werden, die ihn umgeben haben sollen, findet man nebst einer Sage zu seiner Entstehung in dem Werk von Johann Christian Wilhelm Reynitzsch: „Ueber Truhten und Thruhtensteine, Barden und Bardenlieder, Feste, Schmäuse etc. und Gerichte der Teutschen“, aus dem Jahr 1802:

„Zwischen der Stadt Langenzenn und Deberndorf im Ansbachischen, am Rücken des Dillenberg gerad über Stinzendorf, in einem Baurenholz zu einem Halbhof daselbst gehörig, den jetzt Hannß Georg Buchendörfer besizt, liegt ein rauher Schlachtstein, der in der ganzen Gegend unter dem Namen Truhtenstein bekannt ist.
a) Solche Truhtensteine, Heiligthümer waren sonst von Eichen umgeben und lagen immer in einem Laubwald. Daß auch dieser Wald sonst Laubholz gewesen, beweißen die hin und wieder noch befindliche Eichen und Büsche, auch die Benennung eines gemein Holztheils im Saalbuch und Stadtbuch – ein Laub, das jezt durch weiches Klafterholz vergüthet wird.
Ich habe ihn mit heiligem Schauer betrachtet. Seine Höhe beträgt 18. Schuh, und die Auflage oder die länglicht runde Scheibe hat 22. Schuh, 6. Zoll auf der längsten, – und 19. Schuh, 4. Zoll auf der breiten Seite. Die Scheibe rund umher springt 8. Schuh über den Felsenfuß heraus. Auf selbiger ist die Blutrinne c)*** noch deutlich zu sehen, die von Morgen gegen Abend lauft, 9. Schuh lang. Das Stück des 3. Schuh ist nebst dem ganzen Stein auf allen Seiten ausgewittert, wie die vielen Spitzen, und die obere Haut anzeigen. Von der Mittag-Seite gegen Morgen führt ein Schuhbreiter Absatz gegen Mitternacht an das Obere allmählig hinauf, wo jezt einige Stufen ausgetreten sind. Der Felsenfuß, der die Last der Scheibe trägt, erscheint an der Winterseite, wie eingewachsen, und ist mit glänzendem Moos überzogen, Er hat ein prächtiges Ansehen, ist von grobkörnigtem Sandstein, im ganzen Stük, und sieht immer so weiß aus wie getüncht. Man hat diesen Truhtenstein Bilstein oder Hochstein von Morgen und Mittag her, bey entblößtem Wald, über 14. Stunden sehen können; „jezt aber verhindert das um selbigen hochaufgewachsene Nadelholz, welches das Laubholz verdrängt, seine vortrefliche Aussicht. Rund um selbigen 20. Schuhe weit davon, stehen noch wyhi Steine, e.e. oder heilige Steine (Halistani,), welche das Volk oder der Umstand bey der Feyer nicht überschreiten durfte. Die Volkssagen davon sind diese: Eine Truht, oder gar der Teufel selbst, Gott sey bey uns! habe den Stein, weis nicht wo, geholt, in der Luft über den Dillenberg auf den Heßelberg (der höchste Berg in Franken) tragen wollen, selbigen aber, weil er von den Anwohnern beschryen worden, hier fallen lassen. Alle Jahre hätten auf selbigem die Truhten getanzt, – und das thäten sie noch in der Walbersnacht; d. h. Wahlburgsnacht am ersten May.“
*** Siehe Abbildung.

Druidenstein nach einem Stich von Johann Gottfried Köppel, 1795

Druidenstein nach Johann Christian Wilhelm Reynitzsch, 1802.

Dokumentation der Zerstörung

Viele Jahre blieb der Druidenstein unbehelligt – quasi im Dornröschenschlaf – auf dem Dillenberg, bis am 31.05.1865 ein Schreiben der Regierung in Ansbach an das Bezirksamt Fürth erging, mit der Aufforderung, binnen vier Wochen Wünsche zur Erhaltung etwaiger im Amtsbezirk vorhandener Kunstdenkmäler oder Altertümer vorzubringen.
Und so nahm das Schicksal des Druidensteins seinen traurigen Lauf ...

Das Bezirksamt in Fürth wies in seinem Antwortschreiben darauf hin, dass der Druidenstein bei Stinzendorf von einem Steinbruch bedroht sei, woraufhin man in Ansbach eine Darstellung des Steins sowie einen Kostenvoranschlag für dessen Sicherung anforderte. Der Steinbruchbesitzer G. Schramm aus Gonnersdorf erklärte sich bereit, für eine Abfindung in Höhe von 200 Gulden die Sicherung des Steins zu garantieren.

Die Königliche Baubehörde Erlangen stellte bei einem Lokaltermin im selben Jahr fest, dass sich der Druidenstein noch 500 Fuß vom Steinbruch entfernt befände und aus diesem Grund für die nächsten Jahre keine Gefahr für seinen Abbruch bestünde.
Als ein Sachbearbeiter des Fürther Bezirksamts 5 Jahre später den Steinbruch inspizierte, muss dieser wohl deutlich näher an den Druidenstein herangerückt sein, denn das Amt meldete erneut Interesse am Erhalt des Steins an, woraufhin der Steinbruchbesitzer nun die deutlich höhere Summe von 1355 Gulden als Abfindung verlangte.

Während der folgenden 6 Jahre schien der Druidenstein nochmals verschont zu bleiben. Der Steinbruchbesitzer Schramm ging schließlich mit seiner Forderung auf 525 Gulden zurück, woraufhin die Kreisbehörde antwortete, dass diese Summe nach der neu eingeführten Währung – inzwischen hatte die Goldmark den Gulden als Zahlungsmittel abgelöst – stolze 900 Mark wären, und dass so viel Geld nicht vorhanden sei.

Gedenkstein des Heimatvereins Langenzenn

Als die Regierung in Ansbach am 13.09.1877 erneut eine Stellungnahme anmahnte, schrieb das Bezirksamt in Fürth schließlich an das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, um die historische Echtheit des Druidensteins klären zu lassen. Dort kam während einer Tagung des deutschen Geschichts- und Altertumsvereins der Druidenstein zur Vorlage. Man beschloss, eine Kommission, bestehend aus Prof. Friedrich Ohlenschlager – seines Zeichens klassischer Philologe und Prähistoriker –, einem Dr. C. Mehl und einem gewissen H. von Weissenbach, zum Dillenberg schicken, um den Druidenstein zu begutachten.
In einer anschließend folgenden Plenarsitzung des Vereins wurde festgestellt, dass der Druidenstein zwar historisch nicht wichtig sei, seine Erhaltung aber dennoch wünschenswert.

Daraufhin reichten Bürger von Keidenzell im Fürther Bezirksamt eine Petition ein, gerichtet an den Landrat von Mittelfranken mit der Bitte, die „drei Dezimalen Grund“ (1 Dezimal entspricht ca. 24 qm) mit dem darauf befindlichen Druidenstein für die geforderten 900 Goldmark auf Rechnung der Kreisgemeinde zu kaufen. Dieser teilte den Keidenzeller Bürgern jedoch mit, dass dem Antrag nicht stattgegeben wird, weil das Denkmal für historisch nicht wichtig befunden werde, und auch der Preis zu hoch sei.

Es vergehen weitere 15 Jahre, bis am 01.09.1892 sein Schicksal besiegelt wurde: Ein Baumeister namens Weber aus Nürnberg erwarb den Druidenstein zu dem Zweck, um ihn zu abzutragen und die Steine als Baumaterial zu verwenden. Einem Gerücht zufolge soll jener Weber kurze Zeit später gestorben sein – womöglich die Rache der Druiden und Druden?
Steine vom Druidenstein sollen jedenfalls im alten Rathaus von Langenzenn verbaut worden sein, das sich am Klaushofer Weg befindet.

Am 1964 stellte der Heimatverein Langenzenn einen Gedenkstein in der Nähe der Stelle auf, an der sich der Druidenstein einst befunden hatte. Den Platz, an dem sich jener tatsächlich befunden hat, kennen allerdings nur wenige.

  • 18. Jahrhundert

    J. B. Fischer schreibt in seinem Werk „Statistische und topographische Beschreibung des Burggrafentums Nürnberg unterhalb des Gebürgs“ (Ansbach 1787, 2. Teil, S. 90) unter dem Stichwort „Stinzendorf“: „(...) ein kleiner Weiler, lediglich merkwürdig wegen des ohnfern davon, an der Höhe des Dillenbergs, bei der Waldspitze nach Deberndorf, befindlichen Druidensteins. Es ist dies ein sehr großer runder Stein, oben etwas flacher als ein ein chinesisches Dach, und neben herum mit einer Art von Schalllöchern in ziemlich gleicher Distanz versehen. Die gemeine Tradition ist voller Teufel und Hexen. Wahrscheinlich war dieser Stein in den ältesten Zeiten ein heidnischer Altar, worauf die Druiden oder Götzenpriester Feuer gemacht, und dadurch die entfernten Bewohner zur Devotion (= Andacht) erinnert haben, zu malen man ihn weit umher sehen kann. (...)“

  • Vor 1794
    Zeichnung des Steins, der 150 Kubikmetern Rauminhalt und eine ovale obere Platte mit der Länge von 7 Metern und der Breite von 5 Metern gehabt haben soll, durch den Ansbacher Kanzleibeamten Köppel. (Siehe Abbildung)
  • 31.05.1865
    Schreiben der Regierung in Ansbach an das Bezirksamt Fürth mit der Aufforderung, binnen von vier Wochen die Wünsche zur Erhaltung etwaiger im Amtsbezirk vorhandener Kunstdenkmäler oder Altertümer vorzubringen.
  • 10.06.1865
    Antwort des Bezirksamts in Fürth an die Regierung in Ansbach, daß der Druidenstein bei Stinzendorf von einem Steinbruch bedroht sei.
  • 15.06.1865
    Die Regierung fordert eine Zeichnung und einen Kostenvoranschlag zur Sicherung des Druidensteins an. Der Steinbruchbesitzer G. Schramm aus Gonnersdorf will für 200 Gulden Abfindung die Sicherung des Steins garantieren.
  • 07.10.1865

    Mitteilung an das Bezirksamt Fürth: Die Königliche Baubehörde Erlangen (Vermessungsamt) stellte bei einem Lokaltermin fest, daß der Druidenstein noch 500 Fuß vom Steinbruch entfernt sei, und aus diesem Grund für die nächsten Jahre keine Gefahr des Abbruchs bestehe.

  • 20.01.1870
    Der Sachbearbeiter im Fürther Bezirksamt inspiziert daraufhin den Steinbruch. Auf das angemeldete Interesse der Behörde an dem Erhalt des Steins hin verlangt der Steinbruchbesitzer Schramm nun 1355 Gulden als Abfindung.
  • 01.01.1876
    Die Goldmark löst den Gulden als Zahlungsmittel ab.
  • 15.07.1877
    Der Steinbruchbesitzer Schramm geht mit seiner Forderung auf 525 Gulden zurück
  • 28.07.1877
    Gegenschrift der Kreisbehörde an den Steinbruchbesitzer Schramm, daß dies auch nach der neu eingeführten Währung noch stolze 900 Mark seien. So viel Geld sei nicht vorhanden.
  • 13.09.1877
    Die Regierung in Ansbach mahnt eine Stellungnahme an.
  • 06.10.1877
    Das Bezirksamt in Fürth schreibt inzwischen an die Verwaltung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, um die historische Echtheit des Druidensteins klären zu lassen.
  • 14.10.1877
    Tagung des deutschen Geschichts- und Altertumsvereins im Germanischen Nationalmuseum. Der Druidenstein kommt zur Vorlage. Es wird beschlossen eine Kommission aus den Herren Prof. F. Ohlenschlager, Dr. C. Mehl und H. von Weissenbach auf den Dillenberg zur Prüfung des Anliegens zu schicken.
  • 16.10.1877
    Auf der zweiten Plenarsitzung des Vereins wird der Bericht von Prof. F. Ohlenschlager über den Druidenstein vorgelegt. Es fällt u.a. der Satz, daß der Druidenstein historisch nicht wichtig sei, die Erhaltung aber wünschenswert.
  • 01.11.1877
    Keidenzeller Bürger geben im Bezirksamt in Fürth eine Petition zu Protokoll. Diese ist an den Landrat von Mittelfranken gerichtet und enthält die Bitte, die drei Dezimalen Grund mit dem darauf befindlichen Druidenstein für die vom Steinbruchbesitzer Schramm geforderten 900 Goldmark auf Rechnung der Kreisgemeinde zu kaufen.
  • 20.12.1877
    Die Regierung stellt den Beschluß des Landrats von der Sitzung am 5.12.77 den Keidenzellern Bürgern zu: Dem Antrag wird nicht stattgegeben, weil das Denkmal für historisch nicht wichtig befunden wird, und der Preis zu hoch sei.
  • 01.09.1892
    Ein Nürnberger Baumeister namens Weber kauft den Stein und bricht ihn auf zu Quadern. Einem Gerücht zufolge verstarb der Käufer bald danach.Teile vom Druidenstein sollen im ehemaligen Rathaus in Langenzenn am Klaushoferweg verbaut worden sein.
  • 1964

    Der Heimatverein Langenzenn erstellt einen Gedenkstein oberhalb des Druidensteines.

    Die Enthüllung der Gedenktafel erfolgte am 31.05.1964 durch Pfarrer Hiller.